525 Millionen Euro
deutsches Kindergeld
fließen ins Ausland
Anstieg
um 1.368 Prozent in 13 Jahren
Von Kai
Rebmann
Noch im Jahr 2010 überwies Deutschland Kindergeld in Höhe von insgesamt 35,8
Millionen Euro auf Konten im Ausland. Im vergangenen Jahr 2023 belief sich
diese Summe bereits auf satte 525,7 Millionen. Damit bestätigte sich die
bereits in diesem im März 2023 veröffentlichten Artikel gestellte
Prognose. Nur mit den regelmäßigen Anpassungen dieser Sozialleistung ist diese
Explosion wohl kaum zu erklären. Und auch über eine Invasion von Kindern, die
ihre Eltern zu legitimen Leistungsempfängern gemacht hätten, wurde nichts
bekannt. Jedenfalls nicht in dem Maße, wie es notwendig wäre, um einen Anstieg
in dieser Größenordnung auch nur halbwegs plausibel erscheinen zu lassen.
Insofern
dürfte es sich bei der Razzia im Problem-Hochhaus „Weißer Riese“ in Duisburg
nur um die Spitze des Eisbergs handeln. Dort sind offiziell 1.414 Bewohner
gemeldet, die meisten davon Bezieher von Sozialleistungen wie Bürgergeld und
Kindergeld. Angetroffen haben die Ermittler jedoch nur etwas über 500 Menschen.
Und auch von den offiziell rund 300 Kindern, die in dem Hochhaus wohnen sollen,
existiert offenbar nur ein Bruchteil, zumindest soweit es deren offiziellen
Wohnsitz betrifft.
Sozialsystem
schafft verführerische Anreize
Eng
verwandt mit dieser Masche des Sozialbetrugs innerhalb der deutschen Grenzen
sind die auf Konten ins Ausland fließenden Transferleistungen, allen voran des
Kindergeldes. Die Verlockungen für Kriminelle sind in der Tat gewaltig. Denn
beim Kindergeld handelt es sich um einen fixen Betrag, aktuell 250 Euro, der
unabhängig vom tatsächlichen Wohnsitz bzw. Aufenthaltsort des Kindes ausbezahlt
wird.
Heißt: Wer in einem Land mit einem vergleichsweise niedrigen Preisniveau lebt, muss keine Abschläge nach unten befürchten. Das kann auf legale Weise passieren, zum Beispiel wenn ein Elternteil mit dem Kind im Ausland lebt, der andere Elternteil aber in Deutschland arbeitet und Steuern bezahlt, oder Deutsche im Ausland leben, aber in Deutschland weiter steuerpflichtig sind. Oder eben auf illegale Weise, etwa wenn ein Kind in der Bundesrepublik als wohnhaft gemeldet wird, tatsächlich mit seinen Eltern aber im Ausland lebt.
Wo man
jetzt davon ausgehen sollte, dass der massive Anstieg des auf Konten im Ausland
fließenden Kindergeldes in Kombination mit den Ereignissen in Duisburg alle
Alarmglocken schrillen lassen müsste, ist das in der deutschen Politik nicht
der Fall, zumindest nicht bei der CDU. Finanzpolitikerin Antje Tillmann sieht
in denjenigen, die im Ausland illegal Kindergeld beziehen, allenfalls als eine
Randgruppe und spricht in der „Bild“ von „wenigen, ärgerlichen
Missbrauchsfällen“.
Nochmal:
Diese Transferleistungen sind innerhalb von nur 13 Jahren von 35,8 Millionen
Euro auf unglaubliche 525,7 Millionen Euro gestiegen, was einer Zunahme um
atemberaubende 1.368 Prozent entspricht. Und das alles soll mit „wenigen,
ärgerlichen Missbrauchsfällen“ zu erklären sein?
Bärenanteil
der Auslandsüberweisungen geht nach Polen
Ja, beweisen lässt sich alleine mit diesen Zahlen natürlich gar nichts, aber aufhorchen lassen sollte diese Statistik auf jeden Fall. Zumal sich eine Stabilisierung des Trends auf diesem hohen Niveau abzeichnet. Auch im 1. Halbjahr wurden 258,5 Millionen Euro an Kindergeld ins Ausland überweisen, im Vorjahreszeitraum waren es 260 Millionen Euro. Die Frage nach der Staatsangehörigkeit der Kinder, für die Kindergeld bezahlt wird, kann durch die aktuellen Zahlen nicht beantwortet werden – diese sicher hilfreichen Daten werden von der zuständigen Bundesagentur für Arbeit schlicht nicht erhoben.
Und noch
etwas fällt auf: Mehr als 40 Prozent der Auslandszahlungen beim Kindergeld
fließen nach Polen. Im 1. Halbjahr 2024 waren dies rund 111 Millionen Euro. In
Summe zweistellige Millionenbeträge wurden in diesem Zeitraum nach Rumänien (27
Millionen Euro) und Kroatien (11 Millionen Euro) überwiesen.
Anspruch auf deutsches Kindergeld haben Bürger aus der EU sowie Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz, die hier leben und steuerpflichtig sind. Darüber hinaus hat die Bundesrepublik entsprechende Abkommen mit einigen weiteren Drittstaaten geschlossen, so etwa mit Algerien, Bosnien-Herzegowina, Marokko, Montenegro, Serbien, Tunesien und der Türkei. Sogenannte „nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer“ müssen weitere Voraussetzungen erfüllen, etwa im Besitz einer Niederlassungserlaubnis oder Aufenthaltserlaubnis sein.
Euer ERFRIBENDER
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