Sonntag, 7. November 2021

Von Mond zu Monat

 Von Mond zu Monat 


Panta Rhei, [07.11.2021 11:59]

[Weitergeleitet aus Hüter der Irminsul S. & B.]

 

Für die Menschen vergangener Zeiten, die noch im Einklang mit der Natur lebten, gab es nichts als den langsamen Lauf der Tage und den behäbigen Wandel der Jahreszeiten. Ein Tag folgte dem anderen und eine Jahreszeit der vorherigen. Das Jahr teilte sich in Sommer und Winter, manchmal in Frühling, Sommer und Winter. Astronomische Ereignisse bestimmten Viehtrieb, Aussaat und Ernte, Brache und Ruhe.

 

Auch der Mond spielte bei der Zeitmessung eine wichtige Rolle. Ein Mond war die Zeit zwischen zwei gleichen Mondphasen, meist von Neumond bis zum Tag vor Neumond und dauerte - 29 Tage. Gezählt wurden dabei nicht die Tage, sondern die Nächte. Im Englischen gibt es noch den Begriff fortnight für eine Zeitspanne von vierzehn Tagen, ein halber Mond. Das heutige Wort Monat, abgeleitet von Manodh, Manad, Monot, oder Mounne, hat seine Wurzeln im Mond. Ein Mondjahr umfasst rund 354 Tage und besteht aus insgesamt dreizehn Monden, von denen einer „nur“ ein halber Zyklus ist, denn ein Jahr hat entweder dreizehn volle oder schwarze Monde, so daß ein Mond unvollendet bleibt. Der Unterschied zum Sonnenjahr wird durch Schaltmonate ausgeglichen. Für den berühmten Kalender von Coligny beispielsweise bildete ein Mondjahr die Grundlage.

 

Ein Mond oder später Monadh unterstützte die zeitliche Orientierung, die Jahreszeiten aber teilte man in der Regel in Sommer und Winter, manchmal auch in Säen, Wachsen, Ernten und Ruhen. Heute wird das ursprüngliche Jahr durchweg in vier große Bereiche unterteilt, in Frühling (Aussaat), Sommer (Wachstum), Herbst (Ernte) und Winter (Brache).

 

Die Einteilung des Jahres in vom Mond unabhängige Sonnen-Monate erfolgte zuerst in Ägypten und wurde später von Julius Cäsar für das Römische Reich übernommen. Den Julianischen Kalender brachten die Römer mit sich, so daß nicht ganz sicher ist, inwiefern die Übernahme der neuen Zeiteinteilung in Nordeuropa freiwillig vonstatten ging. Letztendlich setzte sich im 16. Jhd. der Gregorianische Kalender durch, der das Jahr in 365 Tage, 12 Monate und 4 Jahreszeiten einteilt und bis zum heutigen Tag gebräuchlich ist. Der Gregorianische Kalender berücksichtigt ebenfalls nicht den Mond, sondern die Dauer eines Erdumlaufs um die Sonne.

 

Diese Kalender werden als Sonnenkalender oder Solarkalender bezeichnet und gelten für ein solares Jahr. Ein solches Jahr beinhaltet zwölf Monate sowie vier Jahreszeiten: Frühling, Sommer, Herbst und Winter, die sich nach dem Sonnenstand berechnen. Ein Monat beschreibt im allgemeinen Sprachgebrauch eine Spanne von vier Wochen; plus minus einige Tage, denn ein Kalendermonat hat je nach Länge 28 (Februar), 30 (April, Juni, September, November) oder 31 (Januar, März, Mai, Juli, August, Oktober, Dezember) Tage, in Schaltjahren der Februar 29 Tage. Durchschnittlich rechnet man 30,4 Tage.

 

Tiere richten sich ausschließlich nach Zyklen, etwa dem Winter oder dem Sommer, Zeiten der Wanderung, der Brunft oder der Aufzucht der Jungen. Ihren Tag in Stunden oder das Jahr in Monate einzuteilen, würde für sie nur wenig Sinn machen. Die Aufteilung von Zeit in Monate, Tage, Stunden, Minuten und Sekunden ist daher ein rein menschliches Phänomen, denn nur Menschen orientieren ihr Leben an Uhren und Kalendern, oftmals gegen ihren ureigenen Rhythmus und den der Natur.

 

Der moderne Mensch ist mittlerweile von den natürlichen Rhythmen so weit entfernt wie niemals zuvor. Die Beschäftigung in oder mit der Natur wird mehr und mehr als esoterische Spinnerei oder gar unnötiger Luxus wahrgenommen, während sich das Leben nicht selten komplett in den virtuellen Raum verlagert. Arbeit, Termine und der ständige Aufenthalt in geschlossenen Räumen lassen kaum Zeit, die verschiedenen Jahreszeiten überhaupt zu bemerken. Zeit ist Geld, daher besteht die erste und häufig einzige Aktion vieler Betriebe darin, den Arbeitnehmer permanent zur Eile anzuhalten. Der größte Teil der Tage, Monate und sogar Wochen zieht indes unbeachtet vorbei. Es wird Frühling, Sommer, Herbst oder Winter, ohne daß man es bewusst wahrnimmt.

 

Panta Rhei, [07.11.2021 11:59]

[Weitergeleitet aus Hüter der Irminsul S. & B.]

Oftmals sind es nur die steigenden oder fallenden Temperaturen, die darauf aufmerksam machen, daß nun bald andere Kleidung angesagt ist, oder die Biergärten schon sehr bald öffnen.

 

Nur wenigen Menschen ist es heutzutage noch vergönnt, den Wechsel der Jahreszeiten hautnah zu verfolgen. Schuld daran sind nicht zuletzt die geänderten (Überlebens-)Bedingungen. Während im Altertum jeder Einzelne für sein eigenes Auskommen sorgen musste, ist ein durchschnittlicher Arbeitnehmer, der inzwischen offenbar nur noch existiert, um mit seiner Arbeitskraft die halbe Welt vor dem Ruin zu bewahren, heute gezwungen, nicht nur für sich selbst zu wirtschaften, sonden zusätzlich für den Wohlstand seines Arbeitgebers (stellvertretend für eine schmarotzende „Oberschicht“) zu sorgen und nebenbei ein abstraktes Gebilde aus Staat, Banken, Sozialsystem, Krankenkassen und Versicherungen zu finanzieren, von dem wiederum nur der Vermögende wirklich profitiert, während allen anderen kaum genug zum Leben bleibt.

 

Der in der Tretmühle der Erwerbsarbeit gefangene Durchschnittsbürger ist heutzutage alles andere als frei. Durch ein (für ihn in der Regel nachteiliges) Gesetzeswerk, an dem er kaum Mitspracherecht hat, fest in ein System eingebunden, dem er nicht entfliehen kann und das ihm gerade genügend Rechte zugesteht, um den Anschein von Freiheit zu erwecken, ist er gezwungen, sein Leben und seine Gesundheit dem permanenten Wirtschaftswachstum zu opfern. Auch mit den Regeln und Vorschriften, die angeblich zu seinem Besten erlassen werden, kann er sich schon lange nicht mehr identifizieren, sondern muß das, was vom Gesetzgeber über seinen Kopf hinweg beschlossen wird, über sich ergehen lassen.

 

Ein großer Teil der Bevölkerung lebt nicht mehr, er wird gelebt und ist nicht mehr als ein Massenverbrauchsgut für die Wirtschaft. Seitdem die Römer Steuerrecht und Geldwirtschaft einführten, war es nie so einfach, die Massen zu kontrollieren und Druck auszuüben. Nur solange zu arbeiten, wie es nötig ist, um gut über die Runden kommen zu können, ist auf der Nordhalbkugel der Welt unmöglich geworden, denn sämtliche Pflichtbeiträge werden das ganze Jahr über erhoben. Daneben ist es das oberste Gebot von Wirtschaft und Globalisierung, flexibel und nicht ortsgebunden zu sein, was Heimatverbundenheit und feste Rhythmen ohnehin ausschließt. Der Umgang miteinander wird durch Technik ersetzt, was die Menschen einander entfremdet und egoistischer werden lässt.

 

Die moderne Gesellschaft sieht sich inzwischen über alle natürlichen Rhythmen erhaben. Sie wird nicht mehr anhand der verschiedenen Tätigkeiten innerhalb eines Jahres, in dem alles seine Zeit hatte, zusammen gehalten, sondern funktioniert eher wie ein Bienenstock oder Ameisenstaat, in dem es nur wenige Ruhepausen gibt. Reguläre Arbeitszeiten von bis zu 16 Stunden sind längst keine Seltenheit mehr. Zwangsläufig bleibt dabei ein großer Teil Freizeit und Erholung der Strecke.

 

Ein bewusstes Miterleben der Jahreszeiten verkommt zur kaum beachteten Nebensache. Und auch die Lebenszyklen der Tiere sind längst schon vollständig unter menschlicher Kontrolle. Langsam aber beständig verliert die Menschheit ihre Verbindung zur Natur, der Quelle aller Existenz. Keine menschliche Gemeinschaft war ihr jemals weiter entfremdet als die heutige Gesellschaft.

 

Kaum einer darf dann schlafen, wenn er müde ist, oder wirklich dann essen, wenn er Hunger hat, sogar der Gang zur Toilette muss häufig warten, was zu physischen und psychischen Krankheiten führt, die in den letzten fünfzig Jahren sprunghaft angestiegen sind. Anstatt aber auf den Körper zu achten, wird er mit den verschiedensten Medikamenten traktiert, die ihn um jeden Preis funktionstüchtig erhalten sollen.

 

Würden die Menschen heute noch nach den alten Kalendern leben, die sich am Lauf der Jahreszeiten orientierten, wäre es sicherlich einfacher, dem natürlichen Rhythmus zu folgen und auf die Bedürfnisse des Körpers zu achten.

 

Panta Rhei, [07.11.2021 11:59]

[Weitergeleitet aus Hüter der Irminsul S. & B.]

Wissenswert: Das Gärtnerjahr kennt sogar zehn Jahreszeiten. Von Dezember bis Februar ist Winter. In dieser Zeit hat der Frost die Vorherrschaft übernommen, und es sieht nicht so aus, als würde jemals wieder etwas wachsen. Die Wochen von Februar bis April werden als Vorfrühling bezeichnet und bringen kaum merklich die ersten Veränderungen. Erste Frühblüher und Kräuter kommen ans Tageslicht, und auch die Tierwelt beginnt sich zu regen. Von März bis Mai überschneidet sich der Vorfrühling mit dem Erstfrühling, in dem die Natur vollends erwacht, die Bäume ihre Blätter bekommen und alle Vögel wieder zurückgekehrt sind.

 

Den Zeitraum von April bis Juni bezeichnet der Gärtner als Vollfrühling. Es ist die Zeit nach der ersten Blüte, aber ebenfalls die Tage der Eisheiligen (zwischen dem 12. und 16. Mai), in denen es noch einmal empfindlich kalt werden kann, mit Temperaturen, die an den Vorfrühling erinnern. Gleichzeitig ist der Juni aber auch als Frühsommer bekannt, denn wenn Holunder und Getreide blühen, lassen die wärmeren Tage nicht mehr lange auf sich warten. Die Monate Juli und August gehören zum Hochsommer. in diesen Wochen beginnt die Ernte von Beeren und Gemüse. Auf den Feldern wird das Wintergetreide geschnitten.

 

Mit den letzten Tagen im Juli beginnt der Spätsommer, der im September endet. Die letzten Früchte reifen und die Tage werden wieder kürzer, die Abende kühler. Gleichzeitig setzt im September auch der Frühherbst ein, denn wenn der Holunder reift und die Tiere sich auf den Winter vorbereiten, ist der Sommer so gut wie vorbei. Im Oktober beginnt mit dem Fallen der Kastanien, Eicheln und Bucheckern der Vollherbst. Es ist nicht mehr warm, aber auch noch nicht kalt, obwohl die ersten Nachtfröste sich langsam ankündigen. Die letzten Tage im Oktober sowie der komplette November gehören zum Spätherbst, der oftmals schlechtes Wetter bringt. Es wird kalt, regnerisch und ungemüllich. Die Bäume sind weitgehend kahl, und ein schneidender Wind rüttelt energisch an den Ästen.

 

Diese doch sehr präzise Einteilung der wechselnden Jahreszeiten gewährt einen Einblick in die sich ständig wiederholenden Zyklen der Natur und macht begreiflich, dass alles seine Zeit hat. Erdbeeren wachsen nicht im Winter. Wenn man sie doch bekommt, als Importware oder aus dem Gewächshaus, schmecken sie fade und schal. Darüber hinaus wird deutlich veranschaulicht, daß man die immer wiederkehrenden Zyklen eines Jahres nicht von geschlossenen Räumen aus erleben kann, sondern immer nah am Geschehen sein muß, um die feinen Anzeichen überhaupt zu bemerken, die erst später zu den großen und sichtbaren Veränderungen führen, die als Frühling, Sommer, Herbst und Winter bekannt sind.

 

Auszug aus dem Buch: Das magische Jahr

Recherche Ricky

                              Euer ERFRIBENDER

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