Der Weg aus Platons Höhle
/ Oliver
Wittwer / PDF
PersönlichWeltbilderAnalysen
Vielen
Menschen ist Platons Höhlengleichnis ein Begriff. Ich empfehle jedem, der es noch
nicht kennt, einmal danach zu suchen. Dieses Gleichnis beschreibt anschaulich,
wie wir Menschen in einer Scheinwelt leben und diese für wahr halten. Man mag
schnell glauben, es verstanden zu haben. Und man kann es sich kaum vorstellen,
dass diese Menschen in der Höhe tatsächlich diese Illusion glauben würden. Und
vorschnell glauben wir, dass es uns selber nicht so ergehen kann, schliesslich
…
Mit
diesem Text zeige ich auf, dass wir uns alle mehr oder weniger noch in Platons
Höhle befinden und immer noch Schatten für die Wirklichkeit halten.
Eine
meiner besonderen Stärken ist die Fähigkeit, sehr genau zu wissen, ob ich eine
Sache vollständig verstanden habe oder nicht. Schon im Gymnasium wusste ich bei
Mathematik- und Physikaufgaben immer, wie ich zur Lösung kommen würde und
wusste auch immer genau, ob die Lösung korrekt war oder nicht. Diese Fähigkeit
konnte ich dann später im Physikstudium intensiv nutzen und zur Anwendung
bringen. Und trotz dieser Fähigkeit tappte ich später doch in die
Illusions-Falle, dass ich "glaubte zu wissen", aber "nicht
wusste, dass ich nur glaubte". Und zwar als ich eine Zeitlang spirituelle
Bücher regelrecht verschlang. Auch hier hatte ich zwar einen guten Riecher für
wahre Informationen und verstand sehr vieles sofort. Irgendwie schien mir diese
Art von Wissen innerlich vertraut zu sein und ich sortierte die Informationen
sehr zuverlässig nach Wahrheitsgehalt oder zumindest nach potentiellem
Wahrheitsgehalt. Doch das, was ich als wahr einstufte, glaubte ich und hielt
mich dann unbewusst an "Vorstellungen" fest. Und ich "glaubte zu
wissen".
Erst
später, als ich mich noch tiefer mit meinem eigenen Bewusstsein, meinem Denken
und den verborgenen Glaubensätzen in meinem Unterbewusstsein auseinandersetzte,
musste ich erkennen, dass vieles, was ich für wahr hielt, lediglich Konzepte
waren, die ich übernommen hatte. Konzepte, also Vorstellungen, wie dieses oder
jenes zu sein hatte, oder wie ich glaubte, dass es sein würde. Es ist gut
möglich, dass vieles davon auch tatsächlich wahr war und ich es intuitiv
spürte. Dennoch waren es "Vorstellungen" und nicht erlebte
Wirklichkeit oder echtes Erkennen.
Durch
diese Erkenntnis veränderte sich meine Wahrnehmung. Ich begann, die Dinge, die
sich hinter meiner Schädeldecke abspielten, zu beobachten und wahrzunehmen. Ich
lernte zu unterscheiden, ob ich bloss mit Konzepten Lego spielte, oder ob ich
mit den Bausteinen meines eigenen Bewusstseins hantierte.
Wenn ich
diesen Prozess hier beschreibe, bin ich mir bewusst, dass es möglicherweise
vielen Lesern hier genau so ergehen wird, wie mir damals: Dass sie glauben
meine Ausführungen zu verstehen, aber doch nur bekannte Konzepte verwenden um
die Illusion des Verstehens zu erzeugen. Übersetzt in Platons Höhlenwelt: Man
baut sich mit zweidimensionalen Schattenbildern eine Vorstellung der
dreidimensionalen Welt. Jedem ist klar, dass dies nicht funktioniert. Das macht
gar nichts und liegt in der Natur der Dinge. Das einzige was zählt, ist, ob Du
Dich angesprochen fühlst und es Dich neugierig macht, dieses Geheimnis, von dem
ich Dir erzähle, selber zu entdecken. Bei mir begann es nämlich genau mit
folgendem Gedanken: "Ich will auch hinter meiner Nasenspitze denken
können".
Ich
weiss, dass die Erkenntnisse, die ich mit diesem Text vermitteln möchte, für
die meiste Menschen komplett neu sind. Kaum jemand spricht darüber. Man liest
es bestenfalls in gewissen spirituellen Büchern oder allenfalls psychologischer
Literatur. Und dort wird dieses Thema, zumindest nehme ich das so wahr, oft
sehr schwammig und undifferenziert angesprochen. Scheinbar gelingt es den
wenigsten, diesen Schleier zu lüften und ihn verständlich nahezubringen.
Um die
tiefgreifende Bedeutung dieser Erkenntnis aufzuzeigen, muss ich einen kleinen
Exkurs machen: Unser Denken und Fühlen wird zum grössten Teil von unbewusst
verankerten Konzepten und Glaubenssätzen bestimmt. "Bestimmt", das
bedeutet, wir haben kaum eine andere Wahl, als in den in uns vorgegebenen
Bahnen zu denken, zu fühlen und zu handeln, und wahrzunehmen. Diese unbewusst
verankerten Gedankenprozesse sind entstanden, weil unser Gehirn darauf angelegt
ist, in dieser Wirklichkeit zu funktionieren. Wir lernen durch Wiederholung und
Beobachtung wie Gegenstände miteinander wechselwirken, wie Menschen in
bestimmten Situationen reagieren, wie man sich in der Gesellschaft zu verhalten
hat um akzeptiert zu werden und wie man angeblich glücklich und erfolgreich
werden kann. Dabei ist es egal, ob dieses Bild der Wirklichkeit, welches dann
zu unserem "Weltbild" wird und unsere persönliche Realität formt,
wahr ist oder nicht. Wenn die Menschen auf einen Schlag erkennen würden, aus
wie vielen Lügen und Halbwahrheiten ihr Weltbild besteht, dann würden wohl die
meisten zusammenbrechen.
Wir
Menschen leben also in einer riesigen Illusion, die uns von uns selber (unserem
Unterbewusstsein und Gehirn) als Wirklichkeit vorgegaukelt wird. Und der
einzige Weg aus dieser Illusion heraus besteht darin, diese Illusion selber in
sich aufzulösen. Dieser Gedanke mag bedrohlich klingen. Und er mag einige
überfordern. Doch ich kann jeden nur ermutigen, diesen Weg zu beginnen oder ihn
weiter zu gehen. Denn ich weiss, dass dieser Weg immer leichter wird, je mehr
Menschen ihn gegangen sind. Es verhält sich ähnlich wie beim Besteigen von
Berggipfeln: Die Erstbesteigung stellt ein grosses Abenteuer dar, für das viel
Mut, Vorbereitung und Opferbereitschaft erforderlich sind. Doch irgendwann gibt
es ein Gipfelrestaurant und eine Seilbahn führt hinauf.
Aber auch
wenn es eine Seilbahn geben mag: Jeder der auf den Gipfel möchte, muss sich
selber auf den Weg machen. Sonst wird er nie das Ziel erreichen und ewig in der
Höhle die Schatten für die Wirklichkeit halten.
Euer ERFRIBENDER
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