Von Mond zu Monat
Panta
Rhei, [07.11.2021 11:59]
[Weitergeleitet
aus Hüter der Irminsul S. & B.]
Für die
Menschen vergangener Zeiten, die noch im Einklang mit der Natur lebten, gab es
nichts als den langsamen Lauf der Tage und den behäbigen Wandel der
Jahreszeiten. Ein Tag folgte dem anderen und eine Jahreszeit der vorherigen. Das
Jahr teilte sich in Sommer und Winter, manchmal in Frühling, Sommer und Winter.
Astronomische Ereignisse bestimmten Viehtrieb, Aussaat und Ernte, Brache und
Ruhe.
Auch der
Mond spielte bei der Zeitmessung eine wichtige Rolle. Ein Mond war die Zeit
zwischen zwei gleichen Mondphasen, meist von Neumond bis zum Tag vor Neumond
und dauerte - 29 Tage. Gezählt wurden dabei nicht die Tage, sondern die Nächte.
Im Englischen gibt es noch den Begriff fortnight für eine Zeitspanne von
vierzehn Tagen, ein halber Mond. Das heutige Wort Monat, abgeleitet von Manodh,
Manad, Monot, oder Mounne, hat seine Wurzeln im Mond. Ein Mondjahr umfasst rund
354 Tage und besteht aus insgesamt dreizehn Monden, von denen einer „nur“ ein
halber Zyklus ist, denn ein Jahr hat entweder dreizehn volle oder schwarze
Monde, so daß ein Mond unvollendet bleibt. Der Unterschied zum Sonnenjahr wird
durch Schaltmonate ausgeglichen. Für den berühmten Kalender von Coligny
beispielsweise bildete ein Mondjahr die Grundlage.
Ein Mond
oder später Monadh unterstützte die zeitliche Orientierung, die Jahreszeiten
aber teilte man in der Regel in Sommer und Winter, manchmal auch in Säen,
Wachsen, Ernten und Ruhen. Heute wird das ursprüngliche Jahr durchweg in vier
große Bereiche unterteilt, in Frühling (Aussaat), Sommer (Wachstum), Herbst (Ernte)
und Winter (Brache).
Die
Einteilung des Jahres in vom Mond unabhängige Sonnen-Monate erfolgte zuerst in Ägypten
und wurde später von Julius Cäsar für das Römische Reich übernommen. Den
Julianischen Kalender brachten die Römer mit sich, so daß nicht ganz sicher
ist, inwiefern die Übernahme der neuen Zeiteinteilung in Nordeuropa freiwillig
vonstatten ging. Letztendlich setzte sich im 16. Jhd. der Gregorianische
Kalender durch, der das Jahr in 365 Tage, 12 Monate und 4 Jahreszeiten einteilt
und bis zum heutigen Tag gebräuchlich ist. Der Gregorianische Kalender berücksichtigt
ebenfalls nicht den Mond, sondern die Dauer eines Erdumlaufs um die Sonne.
Diese
Kalender werden als Sonnenkalender oder Solarkalender bezeichnet und gelten für
ein solares Jahr. Ein solches Jahr beinhaltet zwölf Monate sowie vier
Jahreszeiten: Frühling, Sommer, Herbst und Winter, die sich nach dem
Sonnenstand berechnen. Ein Monat beschreibt im allgemeinen Sprachgebrauch eine
Spanne von vier Wochen; plus minus einige Tage, denn ein Kalendermonat hat je
nach Länge 28 (Februar), 30 (April, Juni, September, November) oder 31 (Januar,
März, Mai, Juli, August, Oktober, Dezember) Tage, in Schaltjahren der Februar 29
Tage. Durchschnittlich rechnet man 30,4 Tage.
Tiere
richten sich ausschließlich nach Zyklen, etwa dem Winter oder dem Sommer,
Zeiten der Wanderung, der Brunft oder der Aufzucht der Jungen. Ihren Tag in
Stunden oder das Jahr in Monate einzuteilen, würde für sie nur wenig Sinn
machen. Die Aufteilung von Zeit in Monate, Tage, Stunden, Minuten und Sekunden
ist daher ein rein menschliches Phänomen, denn nur Menschen orientieren ihr
Leben an Uhren und Kalendern, oftmals gegen ihren ureigenen Rhythmus und den
der Natur.
Der
moderne Mensch ist mittlerweile von den natürlichen Rhythmen so weit entfernt
wie niemals zuvor. Die Beschäftigung in oder mit der Natur wird mehr und mehr
als esoterische Spinnerei oder gar unnötiger Luxus wahrgenommen, während sich
das Leben nicht selten komplett in den virtuellen Raum verlagert. Arbeit,
Termine und der ständige Aufenthalt in geschlossenen Räumen lassen kaum Zeit,
die verschiedenen Jahreszeiten überhaupt zu bemerken. Zeit ist Geld, daher
besteht die erste und häufig einzige Aktion vieler Betriebe darin, den
Arbeitnehmer permanent zur Eile anzuhalten. Der größte Teil der Tage, Monate
und sogar Wochen zieht indes unbeachtet vorbei. Es wird Frühling, Sommer,
Herbst oder Winter, ohne daß man es bewusst wahrnimmt.
Panta
Rhei, [07.11.2021 11:59]
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Oftmals
sind es nur die steigenden oder fallenden Temperaturen, die darauf aufmerksam
machen, daß nun bald andere Kleidung angesagt ist, oder die Biergärten schon
sehr bald öffnen.
Nur
wenigen Menschen ist es heutzutage noch vergönnt, den Wechsel der Jahreszeiten
hautnah zu verfolgen. Schuld daran sind nicht zuletzt die geänderten (Überlebens-)Bedingungen.
Während im Altertum jeder Einzelne für sein eigenes Auskommen sorgen musste,
ist ein durchschnittlicher Arbeitnehmer, der inzwischen offenbar nur noch
existiert, um mit seiner Arbeitskraft die halbe Welt vor dem Ruin zu bewahren,
heute gezwungen, nicht nur für sich selbst zu wirtschaften, sonden zusätzlich für
den Wohlstand seines Arbeitgebers (stellvertretend für eine schmarotzende „Oberschicht“)
zu sorgen und nebenbei ein abstraktes Gebilde aus Staat, Banken, Sozialsystem,
Krankenkassen und Versicherungen zu finanzieren, von dem wiederum nur der Vermögende
wirklich profitiert, während allen anderen kaum genug zum Leben bleibt.
Der in
der Tretmühle der Erwerbsarbeit gefangene Durchschnittsbürger ist heutzutage
alles andere als frei. Durch ein (für ihn in der Regel nachteiliges) Gesetzeswerk,
an dem er kaum Mitspracherecht hat, fest in ein System eingebunden, dem er
nicht entfliehen kann und das ihm gerade genügend Rechte zugesteht, um den
Anschein von Freiheit zu erwecken, ist er gezwungen, sein Leben und seine
Gesundheit dem permanenten Wirtschaftswachstum zu opfern. Auch mit den Regeln
und Vorschriften, die angeblich zu seinem Besten erlassen werden, kann er sich
schon lange nicht mehr identifizieren, sondern muß das, was vom Gesetzgeber über
seinen Kopf hinweg beschlossen wird, über sich ergehen lassen.
Ein großer
Teil der Bevölkerung lebt nicht mehr, er wird gelebt und ist nicht mehr als ein
Massenverbrauchsgut für die Wirtschaft. Seitdem die Römer Steuerrecht und
Geldwirtschaft einführten, war es nie so einfach, die Massen zu kontrollieren
und Druck auszuüben. Nur solange zu arbeiten, wie es nötig ist, um gut über die
Runden kommen zu können, ist auf der Nordhalbkugel der Welt unmöglich geworden,
denn sämtliche Pflichtbeiträge werden das ganze Jahr über erhoben. Daneben ist
es das oberste Gebot von Wirtschaft und Globalisierung, flexibel und nicht
ortsgebunden zu sein, was Heimatverbundenheit und feste Rhythmen ohnehin
ausschließt. Der Umgang miteinander wird durch Technik ersetzt, was die
Menschen einander entfremdet und egoistischer werden lässt.
Die
moderne Gesellschaft sieht sich inzwischen über alle natürlichen Rhythmen
erhaben. Sie wird nicht mehr anhand der verschiedenen Tätigkeiten innerhalb
eines Jahres, in dem alles seine Zeit hatte, zusammen gehalten, sondern
funktioniert eher wie ein Bienenstock oder Ameisenstaat, in dem es nur wenige
Ruhepausen gibt. Reguläre Arbeitszeiten von bis zu 16 Stunden sind längst keine
Seltenheit mehr. Zwangsläufig bleibt dabei ein großer Teil Freizeit und
Erholung der Strecke.
Ein
bewusstes Miterleben der Jahreszeiten verkommt zur kaum beachteten Nebensache. Und
auch die Lebenszyklen der Tiere sind längst schon vollständig unter
menschlicher Kontrolle. Langsam aber beständig verliert die Menschheit ihre
Verbindung zur Natur, der Quelle aller Existenz. Keine menschliche Gemeinschaft
war ihr jemals weiter entfremdet als die heutige Gesellschaft.
Kaum
einer darf dann schlafen, wenn er müde ist, oder wirklich dann essen, wenn er
Hunger hat, sogar der Gang zur Toilette muss häufig warten, was zu physischen
und psychischen Krankheiten führt, die in den letzten fünfzig Jahren sprunghaft
angestiegen sind. Anstatt aber auf den Körper zu achten, wird er mit den
verschiedensten Medikamenten traktiert, die ihn um jeden Preis funktionstüchtig
erhalten sollen.
Würden
die Menschen heute noch nach den alten Kalendern leben, die sich am Lauf der
Jahreszeiten orientierten, wäre es sicherlich einfacher, dem natürlichen
Rhythmus zu folgen und auf die Bedürfnisse des Körpers zu achten.
Panta
Rhei, [07.11.2021 11:59]
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aus Hüter der Irminsul S. & B.]
Wissenswert:
Das Gärtnerjahr kennt sogar zehn Jahreszeiten. Von Dezember bis Februar ist
Winter. In dieser Zeit hat der Frost die Vorherrschaft übernommen, und es sieht
nicht so aus, als würde jemals wieder etwas wachsen. Die Wochen von Februar bis
April werden als Vorfrühling bezeichnet und bringen kaum merklich die ersten
Veränderungen. Erste Frühblüher und Kräuter kommen ans Tageslicht, und auch die
Tierwelt beginnt sich zu regen. Von März bis Mai überschneidet sich der Vorfrühling
mit dem Erstfrühling, in dem die Natur vollends erwacht, die Bäume ihre Blätter
bekommen und alle Vögel wieder zurückgekehrt sind.
Den
Zeitraum von April bis Juni bezeichnet der Gärtner als Vollfrühling. Es ist die
Zeit nach der ersten Blüte, aber ebenfalls die Tage der Eisheiligen (zwischen
dem 12. und 16. Mai), in denen es noch einmal empfindlich kalt werden kann, mit
Temperaturen, die an den Vorfrühling erinnern. Gleichzeitig ist der Juni aber
auch als Frühsommer bekannt, denn wenn Holunder und Getreide blühen, lassen die
wärmeren Tage nicht mehr lange auf sich warten. Die Monate Juli und August gehören
zum Hochsommer. in diesen Wochen beginnt die Ernte von Beeren und Gemüse. Auf
den Feldern wird das Wintergetreide geschnitten.
Mit den
letzten Tagen im Juli beginnt der Spätsommer, der im September endet. Die
letzten Früchte reifen und die Tage werden wieder kürzer, die Abende kühler. Gleichzeitig
setzt im September auch der Frühherbst ein, denn wenn der Holunder reift und
die Tiere sich auf den Winter vorbereiten, ist der Sommer so gut wie vorbei. Im
Oktober beginnt mit dem Fallen der Kastanien, Eicheln und Bucheckern der
Vollherbst. Es ist nicht mehr warm, aber auch noch nicht kalt, obwohl die
ersten Nachtfröste sich langsam ankündigen. Die letzten Tage im Oktober sowie
der komplette November gehören zum Spätherbst, der oftmals schlechtes Wetter
bringt. Es wird kalt, regnerisch und ungemüllich. Die Bäume sind weitgehend
kahl, und ein schneidender Wind rüttelt energisch an den Ästen.
Diese
doch sehr präzise Einteilung der wechselnden Jahreszeiten gewährt einen
Einblick in die sich ständig wiederholenden Zyklen der Natur und macht
begreiflich, dass alles seine Zeit hat. Erdbeeren wachsen nicht im Winter. Wenn
man sie doch bekommt, als Importware oder aus dem Gewächshaus, schmecken sie
fade und schal. Darüber hinaus wird deutlich veranschaulicht, daß man die immer
wiederkehrenden Zyklen eines Jahres nicht von geschlossenen Räumen aus erleben
kann, sondern immer nah am Geschehen sein muß, um die feinen Anzeichen überhaupt
zu bemerken, die erst später zu den großen und sichtbaren Veränderungen führen,
die als Frühling, Sommer, Herbst und Winter bekannt sind.
Auszug
aus dem Buch: Das magische Jahr
Recherche
Ricky
Euer ERFRIBENDER