Überlegungen zum Danach
- 22.04.2021
- CAMILLA
HILDEBRANDT
- GESELLSCHAFTKOMMENTARTEXT
Kommentar
von Camilla Hildebrandt
Lesedauer 2 Minuten
Aus
gesellschaftlicher Perspektive stelle ich mir seit Monaten folgende Frage: wie
wird es nach Beendigung der „Epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ mit
unserer Gesellschaft weitergehen?
Werden
wir nahtlos da weitermachen, wo es im Februar 2020 begann?
Wie wird
der Polizist, der qua seines Amtes und der Verfügung durch die Regierung
Privatwohnungen kontrolliert, Gastronomen und Unternehmer, die ihrer Arbeit
nachkommen wollten, mit horrenden Geldstrafen belegt hat, Masken-Verweigerer
verfolgt und abgeführt hat, Grill-Nachmittage mit Waffengewalt aufgelöst hat in
den Spiegel schauen? Der Nachbar, der die Zahl der Menschen im Nebenhaus
minutiös gezählt, für strafbar erachtet und angezeigt hat? Der Politiker, der
es in Kauf genommen hat, dass Millionen Kinder massive psychologische Schäden
durch den endlosen Lockdown erlitten haben? Journalisten, die
Masken-Kritiker als potentielle Mörder bezeichnet, sich dafür ausgesprochen
haben Impf-Kritiker zu ächten?
Werden
wir alle als Gesellschaft sagen: Nun ist alles wieder gut, Schwamm drüber, lass
uns zusammenkommen, das Leben feiern? Werden die Millionen Demonstranten, die
auf der Straße ihr Grundrecht ausgeübt haben und gegen die Corona-Maßnahmen
demonstrierten, dafür aber als rechtsradikal und verantwortungslos diffamiert
wurden und in der Folge unter anderem ihren Job verloren sagen: Lass es gut
sein, es war eben die Corona-Zeit. Werden die Ärzte, die vermeintlich falsche
Atteste ausstellten und dafür von der Staatsanwaltschaft aufgesucht wurden
wieder Vertrauen in ihre Mitmenschen, in uns als Gesellschaft haben? Die
Epidemiologen, Virologen, Ethiker, die für ihre kritische Haltung in einer
Demokratie ihres Amtes enthoben, strafversetzt oder gekündigt wurden? Lehrer
und Schüler, die der Schule verwiesen wurden, weil sie keinen Sinn in einem
prophylaktischen Test zweimal die Woche sahen? Journalisten, die staatlich
überwacht wurden, weil sie eine kritische Meinung vertraten?
Wird
alles einfach so weitergehen wie vorher?
Werden
die Volksvertreter sagen: Tut mir leid, dass wir aktuell (Stand: April 2021)
hunderte Milliarden Staatsschulden, Millionen Arbeitslose, Tausende insolvente
Klein- und Mittelunternehmer, eine zerstörte Generation Kleinkinder und
Jugendliche haben. Tut mir leid, dass wir die Epidemische Lage von nationaler
Tragweite ohne Evidenz aufrechterhalten haben, aber es war nicht anders
möglich, und ich stelle mich jetzt erneut zur Wahl?
Wie haben
wir das nach dem Zweiten Weltkrieg gemacht? Weggeschaut.
Jahrzehntelang.
Niemand will diesen Vergleich hören, denn niemand darf etwas mit der Nazizeit
vergleichen.
Aber es ist Fakt.
Wir haben damals weggeschaut, sehr lange.
Dann wurde aufgearbeitet und daraus gelernt.
Das
meinen wir bis dato im Rückblick.
Delegationen aus Ländern wie Kolumbien kamen zu uns, um sich anzuschauen, wie
großartig die Deutschen ihre Geschichte aufgearbeitet haben, um es eventuell
ähnlich zu tun.
Und
werden wir es „nach Corona“ – eine Zeit, von der niemand weiß wann es sein
wird, wie sie gestaltet werden kann – wieder genauso machen? Werden wir erst so
tun, als ob es „nur“ ein nicht enden wollender Lockdown war, „nur“ Künstler,
die ihrer Lebensgrundlage beraubt wurden, „nur“ alarmierend zunehmende
intrafamiliäre Gewalt, „nur“ ein drastischer Anstieg von Suiziden bei
Erwachsenen und Kindern, „nur“ eine Generation von Kindern, die mit der Sendung
mit der Maus und in der Schule gelernt haben, dass Querdenker und Menschen ohne
Maske ihr Leben gefährden, „nur“ Jugendliche, die ihre beste Zeit nicht erleben
konnten, nur eine wissentlich ruinierte Wirtschaft, „nur“ Politiker, die unsere
demokratischen Werte mit Füßen getreten haben?
Wir
müssen jetzt anfangen.
Wir müssen in der Politik, in den Medien, in der Nachbarschaft, in den Schulen,
in den Kitas, in der Straßenbahn das friedliche Miteinander wieder üben, jeden
Tag. Ein Leben ohne Moral-Keule, Denunziation, Schuldzuweisung. Ein Leben mit
Toleranz, Integration, Wertschätzung, Akzeptanz unterschiedlicher Meinungen,
ein Leben in Demokratie, mit mündigen Bürgern und Eigenverantwortung.
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Euer ERFRIBENDER
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